Die beliebten Kürzungen bei Unfallschäden
· Abschleppen. Die Versicherung muss die Kosten tragen. Geschädigte brauchen in der Regel keine Preisvergleiche anzustellen, da meist Eile geboten ist. Man darf das Auto auch zur Heimatwerkstatt abschleppen lassen, wenn sie nicht allzu weit entfernt liegt und man bisher immer dorthin ging. 120 Kilometer Strecke bis dort sind noch okay, urteilte das Amtsgericht Rosenheim (Az. 8 C 90/17).
· Werkstatt. Markenwerkstätten sind oft teurer als freie Werkstätten. Solche Kosten müssen Versicherer in der Regel nur zahlen, wenn der Wagen nicht älter als drei Jahre ist (BGH, Az. VI ZR 267/14) oder wenn das Unfallopfer das Auto bisher stets in eine Markenwerkstatt brachte. Es reicht nicht, wenn man es dort nur reparieren ließ, Wartungen aber eine freie Werkstatt gemacht hat (BGH, Az. VI ZR 182/16).
· Verlangt der Versicherer die Reparatur in einer freien Werkstatt, muss sie nah genug sein, 21 Kilometer sind zu weit (BGH, Az. VI ZR 91/09). Zu weit ist es auch, wenn der Versicherer den Wagen abholt und in eine 130 Kilometer entfernte Werkstatt bringt. Denn Geschädigte müssten dann in einem späteren Gewährleistungsfall dorthin hinfahren (BGH, Az. VI ZR 267/14).
· Anmeldekosten. Kaufen Geschädigte sich nach einem Totalschaden ein neues Auto, dürfen sie das Autohaus mit der Anmeldung beauftragen. Vor dem Amtsgericht Biberach ging es um 45 Euro (Az. 8 C 921/16).
· Beilackierung. Muss ein Fahrzeugteil neu lackiert werden, trifft der Farbton oft nicht exakt den der Karosserieteile daneben, weil sie altersbedingt ein wenig ausgeblichen sind. Dann lackieren Werkstätten deren Ränder mit, sodass der optische Übergang nicht auffällt. Diese Beilackierung muss der Versicherer bezahlen (Amtsgericht Meiningen, Az. 13 C 861/14).
· Haushaltsführungsschaden. Wurde ein Unfallopfer verletzt und braucht im Haushalt Hilfe, muss die Versicherung dies ersetzen – auch wenn dafür niemand extra eingestellt wird, sondern Familienmitglieder oder Bekannte aushelfen (BGH, Az. VI ZR 183/08).
· Kostenvoranschlag. Verlangt die Werkstatt dafür Geld, muss der Versicherer es erstatten (Landgericht Hildesheim, Az. 7 S 107/09).
· Kleinteile. Sieht das Gutachten eine Pauschale vor, muss der Versicherer zahlen (LG München I, Az. 19 S 1991/16). Das gilt auch für die oft 10-prozentigen Aufschläge, die Werkstätten gern für Ersatzteile nehmen, um so ihre Lagerkosten zu decken (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. I-1 U 108/11).
· Merkantiler Minderwert. Nach einem Unfall ist das reparierte Fahrzeug weniger wert als ein unfallfreies. Diesen Wertverlust muss die Versicherung ausgleichen.
· Neu für Alt. Werden Verschleißteile ersetzt, die eine Wertverbesserung des Pkw bringen, darf der Versicherer einen Teil der Rechnung abziehen. Beispiel: Ein alter Reifen, den der Besitzer ohnehin bald hätte wechseln müssen, wird beim Unfall aufgeschlitzt, ein neuer aufgezogen. Die Versicherung darf einen Abzug vornehmen. Wird aber ein alter Stoßfänger ersetzt, ist das keine Wertverbesserung (Amtsgericht Darmstadt, Az. 308 C 52/14).
· Restwert. Nach einem Totalschaden zahlt die Versicherung zunächst nur die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und dem Wert, zu dem sich der Schrott noch verkaufen lässt. Dann müssen Geschädigte aber nicht nach Aufkäufern mit besonders hohen Preisen suchen. Sie dürfen den Schrott zu dem Preis im Gutachten verkaufen (BGH, Az. VI ZR 132/04) und müssen nicht auf ein Gegenangebot des Versicherers warten. Die Versicherung, auch nicht die eigene Vollkasko, darf nicht verlangen, den Schrott an einen Autohandel in Osteuropa zu verkaufen. Ein Volvofahrer bekam von seiner Vollkasko einen Teil des Schadens ersetzt, den noch fehlenden Anteil sollte ein Aufkäufer aus Litauen für den Schrott bezahlen. Aber mit einem Händler ins Geschäft zu kommen, der womöglich kaum Deutsch spricht und dessen Angebot man nicht auf seine Seriosität hin prüfen kann, ist nicht zumutbar, urteilte das Landgericht Stuttgart (Az. 4 S 76/19). Es sei höchstrichterlich noch nicht einmal entschieden, ob nur örtliche Angebote zu berücksichtigen sind oder auch überregionale. Der internationale Markt in weit entfernten Ländern bleibe aber außen vor.
· Standgeld. Bei einem Totalschaden verlangen viele Werkstätten ein Standgeld, wenn das Auto dort steht, oft 10 Euro pro Tag. Dies muss die Versicherung ersetzen – auch wenn es 38 Tage sind, weil die Leasinggesellschaft die Zulassungsbescheinigung nicht eher herausgab (Amtsgericht Cuxhaven, Az. 5 C 538/16).
· Verbringungskosten. Nicht jede Werkstatt hat eine eigene Lackiererei. Muss sie den Wagen zum Lackierer bringen, hat der Versicherer die Transportkosten zu erstatten (OLG Düsseldorf, Az. I-1 U 140/09).