Allianz geht den Gutachtern ans Honorar

Gutachterhonorare wurden auch in der Vergangenheit gerne vorallem durch die HUK gekürzt. Die HUK Versicherung berief sich dabei aber bislang immer auf das so genannte HUK Tableau. Dieses spiegelt die Honorare der HUK Vertragsgutachter in einer internen Umfrage wieder, die aber regelmässig von den Gerichten abgelehnt wird. Vor Jahren haben die Versicherer schon versucht die Gutachterhonorare massiv zu kürzen und sind immer wieder kläglich vor den Gerichten gescheitert.

Nun haben vor allem Allianz, VHV und HUK wieder die „alte Kamelle“ ausgegraben und versuchen es erneut.

Die Masche der Allianz ist wesentlich perfider. Es beginnt damit, dass sich die Allianz, über eine Tochtergesellschaft, die Mehrheit an dem umstrittenen Prüfdienstleister Control Expert verschaffte. Somit konnte sie zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Sie sicherte sich die IT von Control Expert, konnte der Prüfgesellschaft eine Mindestkürzungsquote des Schadens vorgeben, und gelangte möglicherweise auch an die Daten von Versicherungsnehmern anderer Versicherer, die auch bei Control Expert Schadengutachten prüfen lassen. Letzteres wird allerdings von der Allianz heftigst bestritten.

Wurden in der Vergangenheit zwar immer wieder die Reparaturkosten oder der Wiederbeschaffungsaufwand gekürzt, geht es jetzt massiv den Gutachtern an den Kragen.

Wie wir gestern aus der Vorstandsabteilung der Allianz aufgrund einer dort von uns eingereichten Beschwerde erfahren konnten, wird man dort grundsätzlich ab sofort jede Gutachterrechnung auf den JVEG Vergütungssatz kürzen. Man hält die Gutachterhonorare schlichtweg für überzogen, und will dem Einhalt gebieten.

Unser Einwand, dass allein in jüngster Zeit regelmäßig alle Prozesse wegen dieser unberechtigten Kürzungen zum Nachteil der Allianz ausgingen, lässt den Branchenriesen unbeeindruckt. Man lässt es halt drauf ankommen, und setzt zum einen darauf, dass nur ein geringer Teil der Betroffenen klagt, und zum anderen, dass es möglicherweise irgendwann zu einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Gunsten der Allianz kommt.

Bei der Fülle der Schadenfälle spült sicherlich allein die Zahl derer die Ihre Rechte nicht einklagen wollen oder können, einen nicht unerheblichen Betrag in die Kasse der Allianz.

Das andere Versicherungsunternehmen auf den gleichen Zug springen ist vorprogrammiert und teils bereits gängig Praxis. Manche Versicherung bedient sich auch des Dienstleisters Control Expert, oder eben eines anderen Dienstleisters.

Auffällig ist, dass die von diesen verwendeten Textbausteine in den Kürzungsschreiben nahezu identisch sind.  

Das gerne von allen zitierte Urteil des BGH vom 29.10.219 , AZ. VI ZR 104/19.

Er sagt:

„Der Anwendungsbereich des JVEG ist auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Einer Übertragung auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen, die zu den Parteien nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach all-gemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften, während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen (§ 407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann.“

In diesem Urteil wird auch geklärt, dass die Zeitaufwandsabrechnung, die im Justiz-Vergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) vorgesehen ist, mangels Anwendbarkeit auf das freiwirtschaftliche Geschäft nicht anwendbar ist (BGH, Urteil vom 16.05.2006, Az. X ZR 122/05).

Im Übrigen ging es in diesem Urteil um eine Gutachterrechnung in der die Gebühren der anerkannten BVSK Tabelle deutlich überschritten hatte.

Die Positivliste der Urteile zu Honorarkürzungen zu Gunsten der Kläger wird wöchentlich immer länger, auch wenn sie mehrheitlich aus vergangenen Jahren stammt. Beispielhaft sei hier die Arbeit der Internetplattform captain-huk.de genannt, der auch die drei nachfolgenden Listen entnommen wurden

Der Verkehrsrechtsschutzversicherung kommt somit immer mehr Bedeutung zu.

Der Geschädigte hat das Problem, dass der Gutachter den gekürzten Betrag aus seine Rechnung bei diesem nachfordern kann und meistens auch berechtigter Weise wird. Der Rechtsanwalt ist aufgrund der ihm vorliegenden Abtretung des Mandanten verpflichtet aus der Schadenerstattung den Fehlbetrag aus der Gutachterrechnung von der Regulierungssummer in Abzug zubringen und an den Gutachter zu überweisen.

Eine Rechtsschutzversicherung deckt dann die Prozesskosten die bei einer Klage gegen die Versicherung entstehen.

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