Dauerstreitpunkt Vorschäden

Die Versicherungen sind durch Ihren Informationsdienst HIS und dessen Datenbank bestens gerüstet um eventuelle Vorschäden am verunfallten Fahrzeug aufzudecken. Dies führt zu teilweise erheblichen Abzügen bei der Schadensregulierung des neuen Unfallschadens, bis hin zur vollständigen Ablehnung der Regulierung durch den Haftpflichtversicherer.

Was Sie als Geschädigte unbedingt beachten müssen.

  1. Den Geschädigten triff eine Informationspflicht gegenüber dem eingeschalteten sachverständigen Gutachter
  2. Vollständig und fachgerecht beseitigte Vorschäden sind in eindeutigen Reparaturfällen (anders bei wirtschaftlichem Totalschaden) ohne Nachfrage des Sachverständigen grundsätzlich nicht mitteilungspflichtig, gleichviel, ob sie in oder außerhalb des Bereichs der aktuellen Beschädigungen liegen. 
  3. Unvollständig oder unfachmännisch beseitigte Vorschäden, die der Sachverständige nicht ohne Weiteres als unfallfremd erkennen kann, etwa wegen Überdeckung mit dem Neuschaden, sind grundsätzlich mitzuteilen.
  4. Beim Kauf eines Gebrauchtfahrzeuges, dass als unfallfrei angeboten wurde, darauf achten, dass im Kaufvertrag und auf der Rechnung steht, dass das Fahrzeug frei von Vorschäden ist. Idealerweise die Fahrzeugübergabe und den Fahrzeugzustand mit Datum fotografisch festhalten. Halten Sie den Namen des Verkäufers der Ihnen das Fahrzeug übergibt fest, er könnte später als Zeuge wichtig sein.

Wenn die Versicherung die Regulierung ablehnt.

Wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung eine Schadenregulierung wegen eines vermeintlichen nicht fachgerecht instandgesetzten Vorschadens im gleichen Beschädigungsbereich ablehnt, sind Sie zunächst einmal beweispflichtig. In der Regel wird man von Ihnen die Vorlage einer Reparaturrechnung oder eines Reparaturnachweises verlangen. 

Können Sie diese nicht vorlegen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Versicherung die Regulierung des Schadens ablehnt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt benötigen Sie anwaltliche Hilfe, und müssen sich auf einen längeren Rechtsstreit vorbereiten. 

Wie die Gerichte bisher urteilten

Zwei Leitsätzen des Kammergerichts Berlin kommt dabei besondere Bedeutung zu.

  1. Der Geschädigte kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind.
  2. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Oktober 2019 beschlossen:

Behauptet der Geschädigte eines Verkehrsunfalles, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und den beschädigten Pkw in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin liegt weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.

Dies wiederum bedeutet, dass es zu einer Beweisumkehr kommen kann. Dann wäre die Versicherung zu verpflichten den Nachweis zu erbringen, dass der Vorschaden vor Eintritt des neuen Unfallereignisses nicht fachgerecht repariert worden ist.

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